Die Reiler Mühle

Intro   Rehmunder Mühle   Reiler Mühle   Hammer Mühle   Springiersbacher Kornmühle   Springiersbacher Ölmühle

Von unseren fünf Mühlen ist die Reiler Mühle wohl die kleinste und unbedeutendste. Eine erste urkundliche Erwähnung findet sich im Heiratsregister Pünderich aus dem Jahre 1792, wo die Heirat von Matthias Hochscheid und Anna Maria Fritzen aus Pünderich beurkundet wird[6]. Der Bäutigam stammte "von der Reiler Mühle" und wurde am 17.3.1768 in Reil als 2. Kind der Eheleute Heinrich Hochscheid, aus Merl stammend, und Anna Maria Arens, aus Reil stammend, geboren. Sein um zwei Jahre älterer Bruder Johann Christoph, der sich später Christian nannte, erlangte zu seiner Zeit, 1790-1800, eine gewisse, wenn auch nicht rühmliche, Bekanntheit als Mitglied der sogenannten "Moselbande". Sein Lebensweg wird weiter unten kurz nachgezeichnet.

Der Name der Mühle war zunächst "Neue Mühle", wohl zur Unterscheidung der 1,5 km weiter alfabwärts gelegenen "Rehmunder Mühle". Um 1805/08 wurde im Sprachgebrauch aus der "Neuen Mühle"[7] die "Reiler Mühle"[8]. Ob die Familie Hochscheid Eigentümer der Mühle war, ist nicht sicher. Sicher ist nur, dass sowohl der o.g. Heinrich als auch sein Sohn Matthias auf der Reiler Mühle als Müller tätig waren. Vater Heinrich starb um 1770 und hinterließ drei noch nicht fünfjährige Kinder. Sein Sohn Matthias wechselte nach seiner Heirat mehrfach seinen Wohnort: 1793 Pünderich, 1799/1800 Kinderbeuren, 1803 Retterath[9], 1805 Reil. Offenbar ein echter wandernder "Müllergesell", wenn auch verheiratet mit Kindern. In Reil gab er zum erstenmal als Beruf "Winzer" an[10]. Drei Jahre später war er aber wieder "Müller"[11]. Gestorben ist er 1810 in Reil als Winzer[12].
Die Geburten seiner beiden Kinder in Reil, 1805 und 1808, wurden von zwei verschiedenen Müllern bezeugt, die auf der "Neuen Mühle" bzw. auf der "Reiler Mühle" wohnten - was auf eine mindestens nachbarschaftliche Verbindung zur Reiler Mühle schließen lässt.

Christoph Hochscheid (s.o.), Matthias' Bruder, wird die Reiler Mühle gut gekannt haben. Schließlich lebte sein Bruder dort bis 1792. Die Gegend war schlecht beleumundet. Ein kurzzeitiger Wechsel über die 1 km entfernte Grenze - vor 1798 vom Kröver Reich ins Trierische, nach 1798 vom Département Sarre zum Département Rhin et Moselle - konnte bei gewissen Gegebenheiten vorteilhaft sein. Christoph wird die Möglichkeit oft genutzt haben. Er war nämlich auf die schiefe Bahn gekommen, seit er mit 22 Jahren als Mühlbursche auf der Königsmühle bei Trarbach diente. Dort geriet er in schlechte Gesellschaft und wurde zum Pferdediebstahl verleitet. Die Räuberkarriere hatte begonnen. Nach zwei Gefängnisaufenthalten in Trier und St. Wendel schloss er sich der "Moselbande" an, zu der schon früher der um acht Jahre ältere Johann Schiffmann von der benachbarten Rehmunder Mühle (s.u.) gestoßen war.

1799 wurde Christoph gefasst und ins Gefängnis nach Koblenz gebracht. Angeklagt wegen Pferdediebstahls (mehrfach), Einbruch (mehrfach), Mordversuch und Brandstiftung wurde er, nach einer zunächst erfolgreichen Flucht aus dem Gefängnis im März 1799 und nach der erneuten Ergreifung im Sommer desselben Jahres, in Koblenz zum Tode durch das Fallbeil verurteilt. "Er bestieg voll Reue über seine Verbrechen, aber ohne Angst und Zittern, am 10. Aug. 1800 das Schafott". Der vernehmende Kriminalbeamte, dessen Sympathie sich Christoph erworben hatte, äußerte sich nach Christophs Tod: "In seiner ersten Erziehung verwahrlost, ist er auch bis zu seinem Tode verwahrlost geblieben. Die Natur hatte ihn mit ausgezeichneten Kräften des Körpers begabt. Sein feuriges Auge zeichnete ihn besonders aus. Mordbrenner ward er, weil ihn das Schicksal hasste. Weil sein Vater früh gestorben war, so wuchs der Bube ohne alle Bildung heran. Er konnte nicht lesen und nicht schreiben. Feurig und stark, an keine Schranken gewöhnt, und an keine Verhältnisse gebunden, waren ihm alle sklavischen Regeln des gemeinen Lebens unbekannt". Ein Jahr nach Christophs Hinrichtung gab sein Bruder Matthias den entscheidenden Hinweis zur Festnahme des Johann Schiffman (s.u.).

Erst nach der Franzosenzeit erfahren wir wieder etwas über die Mühle aus den ab 1832 erstellten und fortgeschriebenen Katasterunterlagen[13].
Bis 1832 war Philipp Stein aus Reil der Eigentümer. Danach besaß sie Joseph Martin Feidt aus Reil. 1841 wurde sie in eine Mahlmühle umgebaut. Welcher Art Mühle war sie vorher? 1843 erwarb sie der Johann Steinbach aus Reil. Die Mühle wurde zu dieser Zeit von 2 Personen bewohnt[14]. Schließlich kaufte sie im Jahre 1849 der Peter Josef Schlöder von der Springiersbacher Mühle, der jüngste Sohn des Bernard Schlöder, der 1827 die Springiersbacher Mühle erworben hatte. Peter Josefs älterer Bruder Jakob zog unmittelbar nach dem Kauf mit seinen 3 Kindern auf die Reiler Mühle. Dort wurde im März 1849 ein weiteres Kind geboren[15], das aber im Dezember desselben Jahres in Jakobs Wohnung in Bengel verstarb[16].

Was war geschehen? Die Antwort gibt die Überlieferung, die sich in der Familie über die Generationen bis heute erhalten hat: Die Mühle fiel "einem böswilligen Brand" zum Opfer. Sie wurde danach nicht wieder aufgebaut. 1875 verkaufte Peter Josef Schlöder das Mühlengrundstück an Salomon Bender aus Wittlich, der es dann an die Reichsbahn mit Gewinn weiterreichte. Die Trasse der neuen Eisenbahnlinie Koblenz-Trier wurde durch die Mühle gelegt[17].


Anmerkungen
[6] Bistumsarchiv Trier (=BAT): Kirchenbuch Pünderich 2/36
[7] Standesamt Kröv (=StAK): Geburtsregister 45/1805
[8] StAK: Geburtsregister 09/1808
[9] StAK: Sterberegister 51/1803
[10] StAK: Geburtsregister 45/1805
[11] StAK: Geburtsregister 09/1808
[12] StAK: Sterberegister 26/1810
[13] Landeshauptarchiv Koblenz, Außenstelle Kobern, (=LHAK-AK): Katasterunterlagen Reil, Flur 12, Flurstück "Auf der Au"
[14] J. F. Schannat: Eiflia Illustrata, Bd. 3, Abt. 2, Abschnitt 2, Neudruck 1855, S. 6
[15] StAK: Geburtsregister 65/1849
[16] StAK: Sterberegister 86/1849
[17] LHAK-AK: Katasterunterlagen Reil (wie Anm. 13)


Intro   Rehmunder Mühle   Reiler Mühle    Hammer Mühle   Springiersbacher Kornmühle   Springiersbacher Ölmühle